Yuri Luschkow und das Sistema-Imperium
Eine Sonderrolle in der russischen Wirtschaft nimmt die Stadt Moskau mit ihrem allmächtigen Bürgermeister Luschkow ein. Mit einer Mischung aus Altem und Neuem, aus Planwirtschaft und dynamischen Wirtschaftszweigen, aus Vetternwirtschaft und Paternalismus kontrolliert Luschkow in autoritärer Weise wichtige Bereiche der Moskauer Wirtschaft.
Der "König von Moskau"
Yuri Luschkow zählte schon in der Sowjetunion als Generaldirektor des Khimavtomatika-Chemiekonzerns mit 20 000 Arbeitern zur Elite des Landes. 1986 wechselte er als Vize-Vorsitzender des Moskauer Stadtrates in die Politik.
1987 spielte Luschkow eine bedeutende Rolle in der Frühphase des russischen Kapitalismus. In Moskau war er verantwortlich für die Genehmigung von Kooperativen, die er förderte und gegen die Bürokratie verteidigte.
Im Windschatten des populären Moskauer Reformbürgermeisters Gavril Popow gelangte Luschkow 1992 nach dessen Rücktritt an die Spitze der Moskauer Verwaltung. Er opponierte gegen die Privatisierungen im Stadtgebiet, subventionierte alte Industriekonzerne und verbesserte die Moskauer Infrastruktur auf allen Ebenen. Mit populistischen Aktionen festigte er sein Image als volkstümlicher, paternalistischer Politiker. Die Moskauer dankten es ihm, denn er wurde mehrfach mit beeindruckenden Ergebnissen in seinem Amt bestätigt.
Das spezielle Luschkow-System
Die Reformer um Tschubais und Gaidar wollten mit der Voucher-Privatisierung die staatlichen Konzerne zügig privatisieren. Tausende Firmen wurden im ganzen Land aus den staatlichen Händen entlassen. Im ganzen Land? Nicht überall, denn in der Hauptstadt leistete der Bürgermeister Luschkow erfolgreich Widerstand gegen die Privatisierungen in Moskau.
Luschkow beharrte auf einer größeren Kontrolle und auf höhere Einkommen für die Stadt, nicht zuletzt um seine großen Infrastrukturprojekte finanzieren zu können. In dem Machtkampf mit den Reformern
ergriff Präsident Jelzin Partei für Luzkhov und blockierte die umfassende Privatisierung in Moskau.
Anders als im übrigen Land durften Arbeiter und Manager nur maximal 10% ihrer Firmen übernehmen (üblich waren bis 51%). Die Stadtverwaltung schuf eine Reihe von Holdings, in die die ertragreichsten Firmen und Werte der Stadt eingebracht wurden. Die Stadt behielt die Kontrolle, indem sie nur Lizenzen verteilte, das Eigentum jedoch behielt.
Moskau gilt als eine der korruptesten Städte der Welt. Die riesigen städtischen Holdings, die von Gefolgsleuten von Luschkow kontrolliert werden, erhalten bevorzugt Aufträge der Stadt. Insbesondere bei der SISTEMA-Holding, die ein ein Milliardenimperium kontrolliert, ist die Grenze zwischen städtischen Interessen und Privatinteressen kaum noch auszumachen.
Luzkov profitiert auch persönlich von diesem Wirtschaftssystem. Seine Frau Jelena Baturina stieg im Baubereich zur Milliardärin auf.Ihre Schwester ist mit dem Präsidenten der stadtnahen Sistema-Holding, Jewtuschenkow, verheiratet, ebenfalls ein Milliardär.
Luschkow kontrolliert die privaten Firmen aufs Genaueste. Nicht-städtische Unternehmen erhalten bevorzugt Bewilligungen und Aufträge, wenn sie informelle Dienste für die Stadt leisten. Jeder, der Grundstücke oder Immobilien kaufen/bauen will, muß in irgendeiner Weise die Stadt beteiligen. Sogar ausländische Ketten mussten der Stadt Kontrollinteressen in den lokalen joint-ventures überlassen.
Das Stadt-Imperium
Banken
1994 Gründung der "Bank of Moscow", die die Konten und das Budget der Stadt Moskau von den Privatbanken Banken Most und Montazhspetsbank übernahm. Die Stadt Moskau ist auch an anderen Banken wie Diamat, Vozrozhdeniye, Guta-Bank, Unikombank, Promradtekhbank, Mosstroiekonombank, und Mosbiznesbank beteiligt, die zum Einflussbereich der SISTEMA-Holding gehören.
Öl/Benzin
1997 fusionierte "Moscow Refinery" mit einem Benzingroßhandel zur Central Fuel Cy. Konzernchef ist der ehemalige Öl- und Energieminister Yuri Schafranik.
Medien
Die Medienholding besitzt den regionalen TV-Sender Center Tv, den Metropolis-Verlag mit der Rossiya-Zeitschrift und der Literaturnaya Gazeta, Meteor TV und die Zeitungen Movskovskaya Pravda sowie Moskovsky Komsomolets
Telekommunikation
1997 Fusion mehrerer Gesellschaften zum Mostelekom-Konzern
Bau
Hotels/Tourismus
Die Intouristhotel beherrscht den Moskauer Hotelmarkt
Daneben zählen zum Stadtimperien noch Warenhäuser, Gebäude aller Art, Nahrungsmittelfirmen (u.a. die Moscow Brewery, Russkiye Bistro), Versicherungen, Textilfirmen u.v.a.
Wladimir Jewtuschenkow (1948- ) gilt als ungekrönter König von Moskau und als finanzieller Kopf des städtischen Imperiums. Doch es bleibt alles in der Familie, denn Jewtuschenkow ist mit der Schwester von Luzkovs Ehefrau verheiratet.
Nach einer wissenschaftlichen Tätigkeit in der petrochemischen Industrie übernahm Jewtuschenkow Ende der 80er Jahre das städtische Moskauer Kommittee für Wissenschaft und Technik (MCST). 1993 wandelte Jewtuschenkow diese gesamte städtische Abteilung in eine Privatfirma um, mitsamt der Bürokratie und den Machtbefugnissen.
Die nun private Firma erfüllte weiterhin städtische Aufgaben und vermittelte als Dienstleister aller Art zwischen der Stadt Moskau und privaten Firmen. Nur einen Monat vor der Umwandlung der MCST gründete Jewtuschenkow noch eine zweite Firma: AFK Sistema.
Über Sistema konnte die MCST nun zahlreiche joint ventures anstossen und Projekte entwickeln. Die Stadt Moskau gründete in den verschiedensten Wirtschaftsbereiche neue Firmen, oft über die Sistema Holding, die sich zu einem Konglomerat von Holdings und Unterholdings ausweitete. Über die Sistema-Kanäle kann Luschkow die Kontrolle über die Projekte behalten, ohne dass sie voll in städtische Hand liegen.
Sein Schwager Jewtuschenkow verbindet also die privaten und städtischen Interessen von Luzkov. Für Jewtuschenkow hat es sich auch persönlich ausgezahlt. Sein Vermögen wird auf 9,1 Milliarden $ geschätzt (Forbes 2007).
An zahlreichen Firmen von SISTEMA ist wiederum auch die Stadt Moskau beteiligt.
Telekommunikation
Kern der Sistema Holding sind die Telekommunikationsbeteiligungen wie der Mostelekom-Konzern (gemeinsam mit der Stadt Moskau) sowie der größte osteuropäische Mobilfunkkonzern Mobile TeleSystems (MTS; in New York an der Börse gelistet), den Sistema zusammen mit der Deutschen Telekom AG aufbaute.
Finanzen
Sistema kontrolliert gemeinsam mit der Stadt Moskau eine Reihe von Banken, darunter eine der größten Banken Russlands, die Bank of Moscow und eine der grössten Versicherungen (ROSNO).
Computerfirmen
Bau
- Sistema-Gatz (real estate developer)
Hotels
- Intourist
Im Februar 2005 wagte Sistema den Gang an die Londoner Börse. Mit Erfolg, denn es war der grösste Börsengang eines russischen Unternehmens. Sistema erlöste 1,56 Milliarden $ und der Gesamtwert des Konzerns betrug stolze 8 Milliarden $.
Stand: 1.3.2006
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Gennadi Timtschenko, Arkadi und Boris Rotenberg und die Bank Russia-Gruppe verdanken ihren Aufstieg ihren engen Verbindungen zu Präsident Putin. Sie gelten als Putin`s Milliardäre und stehen auf der Sanktionsliste von USA und EU. Timtschenko stieg im Ölhandel auf, während Rotenberg und die Bank Russia-Gruppe in erster Linie durch die Plünderung von Gasprom sehr reich wurden.
Luschkow heiratete 1988 seine Assistentin Jelena Baturina, die danach ab 1991 eine steile Karriere in der freien Wirtschaft hinlegte. Sie kontrolliert einen Plastikkonzern, Zementfabriken und eines der größten Bauunternehmen in Moskau (INTEKO). Ein klassisches Beispiel für Vetternwirtschaft. Der allmächtige Bürgermeister partizipiert über die Firma seiner Frau am Moskauer Bauboom. Die Entscheidung über alle grossen Projekte fällt der Bürgermeister.
Daneben besitzt Baturina noch Hotels am Schwarzen Meer, Milchbetriebe und Ländereien. 2005 verkaufte sie ihre Zementbeteiligungen für den Rekordpreis von 800 Millionen $ an die Eurocement Group.
Er arbeitete 30 Jahre führend in der chemischen Industrie, bis ihn sein Studienfreund Jewtuschenkow 1992 als Generaldirektor des Innovationsfonds nach Moskau holte
- seit 1993 bei SISTEMA
- Chmn Intourist
- Gen. Dir. der Medienbeteiligungen von Sistema
- 4,8 % Sistema