In der Sowjetunion war das freie Unternehmertum verboten und wurde vom Staate verfolgt. Inoffiziell entstand seit den 50er Jahren ein weitverbreiteter Schwarzmarkt, ohne den die Wirtschaft letztendlich zusammengebrochen wäre.
In Kooperation mit lokalen Behörden unterschlugen die Wirtschaftsdirektoren erhebliche Teile ihrer Produktion und nutzten sie zu umfangreichen, wenn auch illegalen, Tauschgeschäften. Dringend benötigte Materialien konnten oft nur über Schwarzmarktgeschäfte besorgt werden.
Den Höhepunkt erlebte der sowjetische Schwarzmarkt und die Korruption in den Breschnew-Jahren, als zahlreiche gigantische Korruptionsnetzte bekannt wurden, in die u.a. sogar der Schwiegersohn von Staatspräsident Breschnew verwickelt war.
Unternehmer im Untergrund
Die Schwarzhändler hatten in der Sowjetunion eine sehr wichtige Funktion inne, auch wenn sie offiziell illegale Geschäfte tätigten. Aufgrund der sehr ineffizienten zentralen Vorgabe in allen Bereichen, herrschte Mangel auf allen Ebenen. Insbesondere durch die staatliche Vernachlässigung des Konsumbereiches entstand eine gigantische Nachfrage der Bevölkerung nach Produkten aller Art. Diese konnte nur von den Schwarzhändlern gedeckt wurden, die durch ihre Dienste und Produkte die Wirtschaft erst am Laufen hielten.
Im sowjetischen Sinne galten die Schwarzhändler als Profiteure und Spekulanten, in kapitalistischen Gesellschaften hätten viele von ihnen eine erfolgreiche Karriere als Unternehmer einschlagen können. Und diese Möglichkeit bot sich ihnen mit Beginn der Perestroika.
Viele Schwarzhändler gründeten Kooperativen und legalisierten damit ihre Geschäfte. Da sie überwiegend sehr unternehmerisch dachten, zählten sie in der ersten Phase der Wirtschaftsöffnung zu den Hauptprofiteuren.
Doch nur wenige schafften den Sprung in die Klasse der superreichen Oligarchen, denn hier waren Kontakte zu Politikern und alte Seilschaften wichtiger. Und die hatten die verfemten Schwarzhändler in der Regel nicht.
Beispiele für führende Unternehmer, die schon zu Sowjetzeiten unternehmerisch aktiv waren:
Klimin, Anatoly
Schon in seiner Jugendzeit verkaufte er auf dem Schwarzmarkt selbstproduzierte T-Shirts und gefälschte Markenartikel. Darauf standen in Sowjetzeiten bis zu 15 Jahre Haft. 1991 gründete er einen sehr erfolgreichen Handelskonzern und machte sich einen Namen als Designer: Er schuf die Damenmode-Marke "Tom Klaim".
Melnikow, Wladimir
Ein klassischer Unternehmer, produzierte er schon zu Sowjetzeiten die sehr begehrten Jeans. Dies musste er mit insgesamt 9 Jahren hinter Gittern bezahlen. Heute gilt Melnikov als führender Textilindustrieller und sein "Gloria Jeans"-Konzern ist sehr erfolgreich.
Panikin, Alexander
Als Theaterdirektor stieg er schon in den frühen 80er Jahren in der Schwarzmarkt ein. Er produzierte Konsumgüter aller Art, insbesondere Heimwerkerprodukte. Trotz misstrauischer, ständiger Beobachtung durch die Milizen musste er nur 4 Tage in Haft verbringen. Später gründete er Paninter, mittlerweile einer der größten Textilkonzerne in Russland.
Smolenski, Alexander
Er druckte illegalerweise Bibeln und wurde 1981 zu 6 Jahren Haft verurteilt. Danach begann sein Aufstieg zu einem der mächtigsten Oligarchen mit einer kleine Baubrigade, die Häuser für die Elite baute.
Gushchin, Yury
Seine Karriere bewegt sich auf der Grenze zwischen Schwarzhandel und Kriminalität. Er verbrachte insgesamt 23 Jahre in Haft, u.a. wegen Waffenhandels, Währungsvergehen, Diebstahl und Betruges. Trotzdem durfte er 1991 die GUTA-Bank gründen, die die Bankrenkrise von 1998 überstand und erst 2004 in Insolvenz ging.
Gussinski, Wladimir
Ein Theatermensch, der Konzerttourneen und 1986 die Goodwill-Games organisierte, dann aber Probleme mit der Staatsmacht bekam. Als sehr fähiger Unternehmer gründete er Kooperativen in unterschiedlichen Branchen und schuf sich damit das Startkapital zum Banken- und Medienmagnaten.
Bryntsalov, Wladimir
Bauleiter, der 1980 wegen Extravaganzen aus der KP ausgeschlossen wurde. 1987 gründete er Kooperativen und stieg zu einem der führenden Pharmaproduzenten auf
Chigirinsky, Shalva
Er handelte in der Sowjetunion mit Antiquitäten und stieg in den 90er Jahren zu einer führenden Immobilienentwicklern auf.
Das kriminelle Milieu und die Mafia
Nicht zu vernachlässigen ist auch das "kriminelle Geld", das durch die Öffnung der sowjetischen Wirtschaft in den legalisierten Geldkreislauf einsickern konnte. Auch zu Sowjetzeiten gab es im ganzen Land lokale kriminelle Banden, die neben Schwarzmarktgeschäften auch Drogenhandel, Glücksspiel und Prostitution betrieben.
Zur Zeit der Öffnung der Wirtschaft befanden sich kriminelle Bosse in einer blendenden Position, denn kaum jemand verfügte anfangs über so hohe Bargeldbeträge, die sie investieren konnten. Sie konnten ihr schmutziges Geld durch Gründung von Kooperativen "waschen" und in sehr profitträchtige legale Bereiche einsteigen.
Problematisch für alle jungen Unternhemer entwickelte sich dann die Seuche der Schutzgelderpressungen, begünstigt durch den Zusammenbruch der staatlichen Autorität. Es gibt sehr variierende Schätzungen über den Einfluss der Mafia auf die neuen Unternehmen, er muss jedoch in der Anfangszeit sehr beträchtlich gewesen sein. Zahlreiche Banken hatten zumindest geschäftliche Beziehungen zu führenden Mafiosi, da diese flüssige Geldmittel in die Banken transferierten.
Autor dieser Seiten: Netstudien (Dienstleister für Recherchen, Analysen und Studien.)
Gennadi Timtschenko, Arkadi und Boris Rotenberg und die Bank Russia-Gruppe verdanken ihren Aufstieg ihren engen Verbindungen zu Präsident Putin. Sie gelten als Putin`s Milliardäre und stehen auf der Sanktionsliste von USA und EU. Timtschenko stieg im Ölhandel auf, während Rotenberg und die Bank Russia-Gruppe in erster Linie durch die Plünderung von Gasprom sehr reich wurden.
Computerpioniere
Eine der profitabelsten Handelsbereiche war der Handel mit westlichen Computern, denn die Nachfrage in der Sowjetunion war riesig. Einige reine Computerexperten- und händler schafften den Sprung in die Liga der Superreichen:
Boiko, Oleg
- Computer- und Softwarepionier in Russland
- Chmn Natsionalny Kredit
- Chmn OLBI (Oleg Boiko Investments)= eine der führenden Wirtschaftsgruppen
Karatschinski, Anatoly
- Computerpionier (seit 1981 Computeringenieur)
- 1986 veröffentlichte er das erste russische Buch über Personalcomputer (die es in Russland zu der Zeit nicht gab)
- Pionier beim Einsatz von Computern im Finanzwesen
- 1992 gründete er die Softwarefirma IBS und schloss Verträge mit amerikanischen Hard- und Softwarefirmen.
Wainberg Lew
Als Mathematiker und Physiker gründete er 1987 die erste französisch-russische Computerfirma: Interquadro
- Solwew Management
- Vize-Präs. Des Industriellenverbandes
- 1994 verhaftet
Metallhändler
Die Metallhändler waren überwiegend sehr junge Spekulanten, die für die oft noch von Roten Direktoren regierten Metallkonzerne die Exporte organisierten und heftig spekulierten. Mit sehr grossem Erfolg, denn viele Metallhändler konnten später riesige Metallkonzerne übernehmen.
Deripaska, Oleg
Aluminiumhändler mit sehr guten Kontakten zu Jelzin und Putin. Mehrfacher Milliardär
Popow, Sergei
Metall- und Ölhändler, der später mit dem König der Wechselstuben, Andrei Melnitschenko, und mit Yuri Milyukov, dem Mitbegründer der Moskauer Börse, die MDM Bank gründete. Sie gehören heute zu den Superreichen.
Grosses Vermögen durch Diamantengeschäfte. Heute zählt er international zu den mächtigsten Männern im Diamantengeschäft und ist in Israel einer der mächtigsten Wirtschaftsmagnaten.
Abramow, Alexander
Metallhändler, der heute als führender Stahlindustrieller zu den zahlreichen Milliardären zu zählen ist.
Tschernoi, Michail
Einer der Hauptschattenfiguren der russischen Wirtschaft und Politik mit Verbindungen zur Mafia. Seine TransWorld Group beherrschte den Aluminiumhandel
Machmudow, Iskander
Durch seine Beteiligung an der berüchtigten TransWorld verdiente er das grosse Geld, um zum führenden Minen- und Metalltycoon aufzusteigen.
Pumpianski, Dimitri
Der Metallhändler aus dem Utal kontrolliert heute mit TMK den führenden Pipelineproduzenten in Russland